Pathologie
Anatomieaustellungen wie zum Beispiel "Körperwelten" (Gunther von Hagens) erfahren zur Zeit eine Renaissance. Millionen Menschen strömen zu den Veranstaltungen, um Einblick in den menschlichen Körper zu erlangen. Doch eben diese Ausstellung hat auch für großes Aufsehen und Diskussionen gesorgt. Es gibt viele Gegner aber auch viele Befürworter. Die Ausstellung anatomischer Präparate wirft einige ethische Fragen auf.
Im Wandel der Zeit
Im 13. und 14. Jahrhundert wurde praktiziert, was heutzutage undenkbar wäre. Schausektionen wurden öffentlich durchgeführt und waren für jedermann zugänglich, wie etwa 1404 in Wien. Doctores, Chirurgi, und Apothecarii hatten freien Zutritt, das "gemeine Volk" musste Eintritt bezahlen, der dem 1. Siegel der medizinischen Fakultät Wien zugute kam. Eine öffentliche Sektion, bei Bier, Wein und Konfekt, war also damals sowohl ethisch als auch rechtlich bedenkenlos. Viele anatomische Sammlungen wurden angelegt und ausgestellt, wie etwa in Wien im Josephinum oder im Narrenturm, der das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum beheimatet.Im 19. Jahrhundert verschwand die Anatomie aus der Öffentlichkeit und blieb den Experten vorbehalten. Erst in den letzten Jahren wurden Anatomieausstellungen wieder zu Massenveranstaltungen und genießen wieder öffentliches Interesse.
Die moralischen Ansichten sind also von der Zeit abhängig, es existiert eine metachrone Moralentwicklung. Die Ethik befindet sich somit in einem stetigen Entwicklungsprozess und ist von ihrer Zeit geprägt.
Weiters ist die Antwort auch relativ, da sie vom Betrachter abhängt. Ein 50-jähriger Katholik wird vermutlich anderes darüber denken als eine 25-jährige Studentin ohne Glaubensbekenntnis oder eine 40-jährige Muslime mit 3 Kindern. Die Ethik ist also unter anderem abhängig von Herkunft, Religion und Alter - es besteht also ein synchroner Moralpluralismus.
Links
Wetz, 2007, Der Körper - Eine Sehenswürdigkeit, Springer-Verlag, Wiener Medizinische Wochenschrift
Sedivy, 2007, Der zur Schau gestellte Mensch, Springer-Verlag, Wiener Medizinische Wochenschrift